Fragen & Antworten
Gibt es schon einen Fahrzeug-Prototyp?
Ist ein autonomes Zweirad technisch machbar?
Wie wird 2-wheel PRT bei Schnee und Eis funktionieren?
Soll das bestehende Straßennetz durch 2-wheel PRT ersetzt werden?
Ist es nicht ineffizient, ein komplett neues Straßennetz zu errichten?
Soll es für die Errichtung des 2-wheel-PRT-Netzes Enteignungen geben?
Wieso wird hier etwas ähnliches wie eine Autobahn als ökologisch propagiert, was ist mit Landschafts- und Artenschutz?
Warum ist Energieeffizienz so wichtig, wo doch elektrische Fahrzeuge ohnhin umweltverträglich sind?
Wieso soll die Höchstgeschwindigkeit gerade 80 km/h betragen?
Wieso ist 2-wheel PRT für ländliche und suburbane Regionen gedacht? Wäre in Städten oder im Fernverkehr nicht mehr Nachfrage?
Soll 2-wheel PRT den öffentlichen Verkehr vollständig ersetzen, um eine noch höhere Energieeffizienz zu erzielen?
Bis wann kann 2-wheel PRT realisiert werden?
Soll es auch möglich sein, sich sein eigenes 2-wheel-PRT-Fahrzeug zu kaufen?
Wie hoch sollen die Fahrpreise für 2-wheel PRT sein?
Soll 2-wheel PRT gewinnbringend funktionieren oder subventioniert werden?
Soll 2-wheel PRT ein staatlicher Monopolbetrieb fernab jeglichen Wettbewerbs werden?
Ist 2-wheel PRT auch für Güterverkehr geeignet?
Eignet sich 2-wheel PRT für Entwicklungs- und Schwellenländer?
- Gibt es schon einen Fahrzeug-Prototyp?
Nein, mein Beitrag ist ein Verkehrskonzept im Sinne der Ausgestaltung der Mobilitätsdienste, des Routennetzes sowie Kosten- und Ressourceneffizienz, aber nicht die detaillierte Fahrzeugentwicklung.
- Ist ein autonomes Zweirad technisch machbar?
Das ist die Grundannahme hinter dem Konzept 2-wheel PRT, die aber angesichts der folgenden Entwicklungen realistisch erscheint:- Waymo (auch als "Google-Car" bekannt) und Tesla Autopilot als prominente Pilotanwendungen im Bereich des autonomen Fahrens (wenngleich noch weit entfernt vom völlig autonomen Betrieb auf jeder beliebigen Straße ohne FahrerIn)
- Der Yamaha Motobot, ein humanoider Roboter, der in der Lage ist, ein konventionelles Motorrad zu fahren: http://global.yamaha-motor.com/showroom/event/2015tokyomotorshow/sp/exhibitionmodels/mgp/
- Der Honda Riding Assist, ein Assistenzsystem, mit dem Motorräder bei geringer Geschwindigkeit fahrerInnenlos fahren können: http://www.honda.com/mobility/riding-assist
- Selbstbalancierende elektrische Kleinstfahrzeuge wie der Segway PT, selbstbalancierende zweirädrige Boards oder elektrische Einräder, die besser Balance halten können, als die meisten Menschen
- Bislang eher enttäuschend verlaufen ist die Entwicklung des Lit Motors AEV / C1, eines selbstbalancierenden Kabinenmotorrads mit schon mehrfach verschobenem Produktionsstart (siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Lit_Motors#AEV_.2F_C-1). Bei genauer Betrachtung ist der C1 hinsichtlich der Stabilität eher komplizierter als ein autonomes Fahrzeug, weil er durch eineN FahrerIn gesteuert, aber automatisch balanciert werden soll, sodass das Fahrzeug einen Kompromiss finden muss zwischen den Lenkbewegungen des/der Fahrers/in und jenen, die nötig sind um das Fahrzeug aufrecht zu halten.
- Wie wird 2-wheel PRT bei Schnee und Eis funktionieren?
2-wheel PRT benötigt tatsächlich eine gründlichere Schneeräumung als vierrädrige Fahrzeuge, aber aufgrund der geringen Fahrwegbreite und der Möglichkeit, automatisierte Fahrzeuge für die Schneeräumung einzusetzen, ist es auch einfacher, die Fahrbahn frei zu halten. Erste Pilotanwendungen sollten aber wohl in Klimazonen ohne Schnee und Eis umgesetzt werden.
- Soll das bestehende Straßennetz durch 2-wheel PRT ersetzt werden?
Nein, konventionelle Straßen werden weiterhin für (schwereren) Güterverkehr, Einsatzfahrzeuge, eventuell Busse und natürlich für jene Leute erforderlich sein, die konventionelle Verkehrsmittel gegenüber 2-wheel PRT bevorzugen. Lediglich in Einzelfällen unnötig breiter Straßen könnten einzelne Fahrspuren oder Teile davon in 2-wheel-PRT-Fahrwege umgewandelt werden. In diesen Fällen würden jedoch Leitschienen oder ähnliche Barrieren erforderlich, um 2-wheel PRT vom konventionellen Verkehr auf der benachbarten Spur zu schützen. Innerorts ist es denkbar, Platz für 2-wheel PRT zu schaffen, indem Parkspuren umgewidmet oder in beiden Richtungen befahrbare Straßen in Einbahnen umgewandelt werden. Langfristig könnten Erhaltungskosten für konventionelle Straßen reduziert werden, wenn diese weniger benützt werden und ein schlechterer Erhaltungszustand akzeptabel würde.
- Ist es nicht ineffizient, ein komplett neues Straßennetz zu errichten?
Aufgrund der sehr geringen Anforderungen für den 2-wheel-PRT-Fahrweg (0,5 m befestigte Fahrbahnbreite, max. 250 kg Achslast, 1,7 m Fahrzeughöhe, 80 km/h Höchstgeschwindigkeit) erscheint dies außerorts wirtschaftlich machbar - siehe Kostenschätzung
- Soll es für die Errichtung des 2-wheel-PRT-Netzes Enteignungen geben?
Die Situation ist vergleichbar mit anderen öffentlichen Infrastrukturen wie Freilandstraßen, Bahnstrecken und Flughäfen, evtl. auch Pipelines oder Bergbaugebieten: Der erste Ansatz sollte ein privatrechtlicher Ankauf des benötigten Landes sein (einschließlich Kommassierungen um gut zugänglich und praktikabel geformte Parzellen zu erhalten), wenn es jedoch zu keiner Einigung kommt und keine Möglichkeit einer geänderten Trassierung besteht, wäre als letztes Mittel die Enteignung anzuwenden. Diese würde jedoch nie Gebäude, sondern stets nur land- und forstwirtschaftliche Flächen betreffen und es wäre weit weniger Fläche abzulösen, als z.b. für eine Bahnstrecke oder eine Autobahn.
- Wieso wird hier etwas ähnliches wie eine Autobahn als ökologisch propagiert, was ist mit Landschafts- und Artenschutz?
Alle schädlichen Wirkungen sind bei weitem geringer, als jene einer Autobahn:
- nahezu kein Lärm dank elektrischen Antriebs und moderater Geschwindigkeit
- etwa 95% weniger asphaltierte Fläche
- dank geringerer Geschwindigkeit und Fahrzeugen mit Kurvenneigung kann die Trasse besser der bestehenden Topographie angepasst werden
- geringe Achslast und geringe Fahrzeughöhe machen es einfacher, Grünbrücken oder Wilddurchlässe zu errichten
Ob durchgehend Zäune entlang der Strecken erforderlich sein werden, um Wildunfälle zu vermeiden, oder ob es andere ausreichend zuverlässige Mittel gibt, um Tiere vom Fahrweg fernzuhalten oder rechtzeitig zu erkennen, wäre noch vertieft zu untersuchen.
- Warum ist Energieeffizienz so wichtig, wo doch elektrische Fahrzeuge ohnhin umweltverträglich sind?
Die ökologischen Auswirkungen von Elektrofahrzeugen hängen von deren spezifischem Verbrauch (kWh/Pkm) und der Herkunft des Stroms ab. Trotz vorhandener Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien stammt der Großteil des in der EU produzierten Stroms weiterhin aus fossilen und nuklearen Quellen, einerseits aufgrund hoher Kosten für erneuerbare Energie (oder geringer Zahlungsbereitschaft) und andererseits aufgrund negativer Umweltauswirkungen der Erneuerbaren selbst, z.B. die Beeinträchtigung von Landschaften und Lebensräumen durch Wind- und Wasserkraftwerke. Nachdem es bereits schwierig genug ist, im Rahmen des bestehenden Stromverbrauchs fossile und nukleare Energiequellen zu ersetzen, wird zusätzlicher Verbrauch für Elektrofahrzeuge mit größter Wahrscheinlichkeit mit fossilen Quellen gedeckt. Ohne eine erhebliche Effizienzsteigerung bei jeder Energienutzung mag der Ausstieg aus fossiler und nuklearer Energie zwar technisch machbar sein, aber weder ökologisch noch wirtschaftlich. Darüber hinaus bedeutet weniger Fahrwiderstand nicht nur weniger Stromverbrauch, sondern auch kleinere Motoren und Batterien, wodurch nicht nur Materialbedarf (insbesondere selten Erden), sondern auch Kosten gespart werden.
- Wieso soll die Höchstgeschwindigkeit gerade 80 km/h betragen?
Einige wichtige Kennzahlen für Energieverbrauch und Sicherheit steigen proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit (Luftwiderstand, kinetische Energie), sodass höhere Geschwindigkeit einen erheblich höheren Ressourcenverbrauch bewirkt. Auch Lenkung und Federung werden mit höherer Geschwindigkeit komplizierter. Gleichzeitig sinkt mit höherer bereits erreichter Geschwindigkeit die Zeitersparnis durch weitere Geschwindigkeitserhöhung. (Am Beispiel einer Entfernung von 20 km: Bei einer Geschwindigkeit von 20 km/h dauert die Fahrt eine Stunde. Bei 40 km/h wird die Fahrzeit halbiert, 30 Minuten wurden gespart. Eine weitere Beschleunigung auf 60 km/h bedeutet 20 Minuten Fahrzeit, die zusätzliche Fahrzeiteinsparung reduziert sich auf 10 Minuten. 80 km/h spart weitere 5 Minuten, 100 km/h weitere 3 Minuten, 120 km/h weitere 2 Minuten...). Andererseits sollte die mittlere Reisegeschwindigkeit von 2-wheel PRT nicht geringer sein, als die des konventionellen ländlichen Autoverkehrs. Somit wurden 80 km/h gewählt, weil das etwas weniger ist, als das außerorts-Tempolimit in den meisten Europäischen Ländern, was jedoch dadurch kompensiert wird, dass Dörfer umfahren werden anstatt sie mit meistens 50 km/h zu durchqueren. Natürlich könnte das optimale Tempolimit auch bei 70 km/h oder 90 km/h liegen, aber viel mehr oder weniger ist unwahrscheinlich.
- Wieso ist 2-wheel PRT für ländliche und suburbane Regionen gedacht? Wäre in Städten oder im Fernverkehr nicht mehr Nachfrage?
In ländlichen Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte kann ein kreuzungsfreies Netz relativ einfach ohne allzu viel Aufwand für Über- und Unterführungen errichtet werden und die erforderlichen Beförderungskapazitäten sind ebenso relativ gering. Innerhalb dicht bebauter Städte ist es nicht nur schwieriger, ein 2-wheel-PRT-Netz zu schaffen, es ist dank effizienter und attraktiver konventioneller öffentlicher Verkehrsmittel auch weniger notwendig. Für den Fernverkehr ist die Eisenbahn (insbesondere Hochgeschwindigkeits-, ggf. auch Nachtzüge) mit kürzeren Reisezeiten und mehr Komfort (geräumigere Inneneinrichtung, WC, Speisewagen) vermutlich beliebter. Für eine präzisere Abgrenzung zweckmäßiger Einsatzbereiche müssten Kosten, Kapazität und NutzerInnenpräferenzen präziser erhoben werden, aber jedenfalls sind die Vorteile von 2-wheel PRT im ländlichen und suburbanen Kurzstreckenverkehr am stärksten ausgeprägt.
- Soll 2-wheel PRT den öffentlichen Verkehr vollständig ersetzen, um eine noch höhere Energieeffizienz zu erzielen?
2-wheel PRT sollte den öffentlichen Verkehr definitiv dort ersetzen, wo er sich durch geringe Qualität und schlechte Auslastung auszeichnet: Busse und langsame Züge mit häufigen Halten, insbesondere in Nebenverkehrszeiten. Ländlicher öffentlicher Verkehr würde vermutlich weiterhin zur Abdeckung konzentrierter Nachfrage dienen (Hauptverkehrszeiten und suburbane Hauptstrecken), wo hohe Auslastungsgrade zu hoher Energieeffizienz führen und das 2-wheel-PRT-System hinsichtlich erforderlicher Fahrzeuganzahl und Straßenkapazität entlastet wird. Innerstädtischer öffentlicher Verkehr und Fern- bzw. Hochgeschwindigkeitszüge würden wegen ihrer gegenüber 2-wheel PRT höheren Kapazität und Attraktivität bei gegenüber Auto und Flugzeug immer noch geringerem Energieverbrauch weiterhin verkehren.
- Bis wann kann 2-wheel PRT realisiert werden?
Unter der Annahme, dass die detaillierter Fahrzeug- und Systementwicklung etwa 1-3 Jahre und Planung sowie Bau der Infrastruktur etwa 2-5 Jahre dauern würden, könnten in der ersten Hälfte der 2020er-Jahre die ersten 2-wheel-PRT-Netze in Betrieb gehen.
- Soll es auch möglich sein, sich sein eigenes 2-wheel-PRT-Fahrzeug zu kaufen?
Der individuelle Fahrzeugbesitz ist für viele der Nachteile des Individualverkehrs verantwortlich: Geringe Tageslaufleistung der individuellen Fahrzeuge, geringe mittlere Auslastung (5 Sitze, aber meistens nur einer davon besetzt), hoher Parkflächenbedarf. Die entscheidenden Vorteile von 2-wheel PRT können nur mit dem Leihsystem erreicht werden, Fahrzeuge im Individualbesitz sind daher im Allgemeinen nicht vorgesehen. Ausnahmen sind für spezielle Wirtschaftsverkehre (Firmenflotten) denkbar.
- Wie hoch sollen die Fahrpreise für 2-wheel PRT sein?
Wesentlich günstiger als das eigene Auto (inklusive Amortisationskosten), hoch genug um einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Systems abzuliefern, und effizienzorientiert (Spitzenlasttarifierung: Fahrten, die den gesamten Fahrzeugbedarf steigern, sollen teurer sein, als Fahrten zu Schwachlastzeiten). Gemäß vorliegender Kostenschätzung sind konkurrenzfähige Fahrpreise grundsätzlich realistisch, für detailliertere Aussagen ist die Schwankungsbreite aber noch zu hoch.
- Soll 2-wheel PRT gewinnbringend funktionieren oder subventioniert werden?
Ein alleine aus Einnahmen von NutzerInnen kostendeckender Betrieb wäre sehr wünschenswert, etwaige Förderung sollten aber jedenfalls nicht höher ausfallen als jene für öffentlichen Verkehr, der von 2-wheel PRT ersetzt wird.
- Soll 2-wheel PRT ein staatlicher Monopolbetrieb fernab jeglichen Wettbewerbs werden?
Einige Elemente von 2-wheel PRT haben den Charakter eines natürlichen Monopols: Es wäre ineffizient, mehrere parallele Fahrspuren für verschiedene Betreiber zu errichten und vermutlich wäre es für die NutzerInnen auch populärer, auf das nächstbeste Fahrzeug zugreifen zu können und nicht auf eines des richtigen Betreibers warten zu müssen. Nichtsdestotrotz können Fahrzeuge von unterschiedlichen Anbietern hergestellt und auch betrieben werden, solange alle Dimensionen und Schnittstellen von einer Behörde sorgfältig vorgegeben werden. Auch wenn die NutzerInnen nicht zwischen verschiedenen Anbietern wählen können, kann zumindest die zuständige Behörde entweder den Betrieb eines ganzen Netzwerks oder einzelne Teile wie z.B. Bereitstellung der Fahrzeuge, Betrieb des Leihsystems, Fahrzeugwartung oder Netzausbau per Ausschreibung an den Bestbieter vergeben.
- Ist 2-wheel PRT auch für Güterverkehr geeignet?
2-wheel PRT könnte für den Transport leichter Güter geeignet sein, insbesondere für Paketdienste. Alles was höhere Achslasten erfordert, muss mit konventionellen Lkw auf konventionellen Straßen befördert werden, oder mit Güterzügen, welche von jene Streckenkapazitäten nutzen können, die nach dem Ersatz von Personennahverkehren frei werden.
- Eignet sich 2-wheel PRT für Entwicklungs- und Schwellenländer?
Es ist gut vorstellbar, dass die Vorteile von 2-wheel PRT in Ländern mit schwach entwickelter konventioneller Verkehrsinfrastruktur besonders zum Tragen kämen. Dennoch basiert das 2-wheel-PRT-Konzept auf den Rahmenbedingungen Mitteleuropas und es hat schon viele von Europa oder Nordamerika ausgehende "gute Ideen" für Entwicklungsländer gegeben, die den Bedürfnissen der Menschen vor Ort nicht entsprochen haben. Der Schwerpunkt weiterer Entwicklungen sollte somit eher in Industrieländern liegen, wenngleich jegliches Interesse aus anderen Erdteilen willkommen ist.